Fünf Fragen am fünften Oktober

Fünf Fragen am Fünften Oktober

Fünf Fragen am Fünften ist eine Mitmachaktion von Nic, die den Blog " Luzia Pimpinella" (klick) betreibt. Seit Januar stellt sie immer am 5. jedes Monats Fragen, mit denen man gut über sich selber reflektieren kann. Los geht es:

 

 1. Was ist der seltsamste Ort, an dem Du jemals aufgewacht bist?

Ich würde ja jetzt gerne schreiben, ach das war damals, als wir im Zelt in der Savanne übernachtet haben, den leicht fauligen Atem der Löwinnen im Nacken oder damals, als ich in der Hängematte hoch über der Xanyaladura-Schlucht hing oder damals, als ich mich unter einen Busch verkrochen hatte, müde nach den Kämpfen mit den Waranen auf den Galapagosinseln, und beim Aufwachen wieder so einem Vieh in die Augen schaute. Aber ich fahre doch gar nicht so ungewöhnlich in Urlaub, sondern erfreue mich in Europa, daher gibt es hier keine hochdramatische Auskunft.

 

Ungewöhnlich und aber auch wirklich seltsam war eine Übernachtung in einer Ferienwohnung nahe Quedlinburg im Harz. Quedlinburg ist eine wirklich schöne Stadt und auf jeden Fall einen Besuch wert. Sie haben viele hübsche Fachwerkhäuser, eine Burg, Kirchen, charmante Gässchen und ein Lyonel-Feininger Museum. Die Ferienwohnung etwas außerhalb war nicht so empfehlenswert. Es ist wohl doch wichtig, genau zu lesen, wie die Vermieter das Logis anpreisen. Wir kamen jedenfalls in einer normal großen Wohnung an, die jedoch sehr niedrig und dunkel war und die mich leicht klaustrophobisch stimmte. Dekoriert war sie mit allerlei Getüdel, den wir gleich in Schränke und damit aus unseren Augen räumten. Das Schlafzimmer war auch klein und man schaute auf Karnickelställe. Die Wand war sehr "schön" mit einem Puzzlebild, das ein Einhorn zeigte, dekoriert. Hier zeige ich das Puzzlebild im Original, von der Website der Ferienwohnung kopiert. Ich las abends noch ein wenig, weil sich der Schlaf in diesem Zimmer so gar nicht einstellen wollte. Dann irgendwann löschte ich das Licht und mußte aber nochmal die Augen öffnen. Mit einem entsetzen Kreischen bemerkte ich das Seltsame und Unheimliche. Das Puzzleeinhorn war mit nachtleuchtenden Farben bedruckt und im Dunkeln leuchteten einzelne Körperteile des Einhorns grünlich-gelb auf. Grausig geschmacklos und würde auch zur dritten Frage passen.

 

 

2. Bald ist Halloween...magst Du eigentlich Kostümparties?

Nö! Ich bin Norddeutsche! Geh mir wech.

Als Kind fand ich Karneval toll. Meine Mutter hat mir immer Kostüme genäht, ich war Holländerin mit weißem Häubchen, Inderin mit gelber Pluderhose, Indianerin mit Fransen am Röckchen und Harlekin. Bei uns ist der Karneval aber auf die Schulzeit bis zur sechsten Klasse begrenzt. Außerhalb des Klassenzimmers läuft niemand kostümiert herum.

Vielleicht mag ich sie auch nicht, weil ich noch nie zu einer richtig coolen, ausgefallenen Kostümpartie eingeladen wurde.

 

Was mich aber mehr interessieren würde, wäre sich generell skurril und spleenig anzuziehen, wie die berühmten schrulligen Briten zum Beispiel. Auch die Damen und Herren, die  Ari Seth Cohen in seinem Blog "Advanced Style" vorstellt, finden meinen Geschmack. Also, das könnte ich mir durchaus vorstellen. Schau mal selber...hier.

 

3. Was ist das Unheimlichste, was Du jemals gemacht hast oder was Dir jemals passiert ist?

Ja, das gab es schon was, das ich aber nicht schreiben will. Was mir sonst einfällt, war meine Rückfahrt aus Florenz nach einem mehrmonatigen Aufenthalt dort. Ich wählte eine relativ frühe Abfahrt. Die Fahrt verlief unspektakulär im Liegewagen. Wir fuhren durch den Domodossola-Tunnel,  ich konnte noch einmal mit Italienern plaudern, ich stieg dann um in Frankfurt in den ICE nach Hannover und wurde dort von einer hoch erfreuten Mutter begrüßt sowie einem Vater, der meinen Koffer entschieden zu schwer fand und den ich dann selber hinter mir her ziehen mußte (den Koffer, nicht den Vater).

Am gleichen Abend erfuhr ich aus den Nachrichten, dass der später abfahrende Nachtzug von Florenz nach Frankfurt durch eben diesen Domodossola-Tunnel einen schweren Unfall mit Toten hatte.

Das ist unheimlich. Oder ich könnte auch sagen, dass ich viel Glück hatte. Geradezu vom Glück begünstigt, oder?

 

4. Findest Du, dass die schlechten Tage oder gar schlechte Zeiten auch zum Leben gehören?

Selbst wenn ich das nicht fände oder nicht wollte, würde es nichts helfen, denn: Sie gehören dazu. Da kannste nix machen.

Es wäre vielleicht ganz schön, wenn alles immer zuckersüß und rosarot wäre. Vielleicht! Wäre ich dann auch zuckersüß und rosarot ohne Tiefgang, Empathie, Aufmerksamkeit und eigener Meinung? Oha. Lieber nicht.

 

Firmen machten zu, Menschen kamen und gingen, es gab unüberlegte Äußerungen, Todesfälle, Schmerzen und Krankheiten, Lügen, grausige Arbeitsplätze, zerplatzte Träume und einiges mehr. Genau das, was andere Menschen auch erleben. Und dann muß man lernen, diesen Schmerz anzunehmen und nicht davon zu schieben. Jammern und Klagen, aber dann wieder aufhören. Sich nicht selber fertig zu machen, weil man eben doch nicht den ruhigen, sicheren, bequemen und wohl auch langweiligeren Weg gewählt hat. Weil man keine Lust mehr auf Oberflächlichkeiten hatte und deswegen Menschen gingen. Weil es doof ist, liebe KollegInnen zu verlieren, aber jeden Tag darüber zu trauern auch nichts hilft. Und auch wenn ich wollte, dass Familienmitglieder nicht schweren Krankheiten erliegen, hatte ich keinerlei Einfluß darauf. Ich mußte da durch. Wir alle müssen da durch und es akzeptieren.

 

Für mich selber habe ich gelernt zu sagen, was ich will, mit (relativ) wenig Angst, dass das jemandem nicht genehm sein könnte; wirklich auf mich und meine Bedürfnisse zu hören - will ich das wirklich?; ich hoffe, mehr Mitgefühl, anderen Menschen gegenüber in ähnlichen Situationen zu empfinden, aber finde auch, dass man sich auch mal treten und wiederaufstehen muß; ich genauer überlegen muß, wie ich etwas sage; merke gleichzeitig aber auch, dass mich zuviel Gejammer nervt und dass verschiedene Täler im Leben zu mehr Tiefgang führen können (können, müssen aber nicht). Im Nachgang hätte sich sicher auch einiges vermeiden lassen, aber der Persönlichkeitsentwicklung hat es - glaube ich - nicht geschadet.

 

5. Machst Du gerne Komplimente?

Ich mache sie gerne, aber ich mache sie viel zu selten. Das ist ganz schön schade, denn ein Kompliment bekommen wir alle doch gerne. Damit meine ich ein gutes, ernst gemeintes Kompliment. Ich erlebte mal eine Dame, die sich wohl auf die Fahne geschrieben hatte, jederzeit die Leute zu loben und sie sagte jedesmal zu mir: "Schönes Tuch".  Das erschien mir dann doch etwas sehr langweilig. Ein Kompliment sollte das Besondere an einem Menschen hervorheben und das erfordert, die Person genau wahrzunehmen. Diese Komplimente sind sehr schön, weil sie wirklich etwas mit einem zu tun haben. Dann müssen sie auch nicht jeden Tag kommen. Für mich gilt ab sofort: Richtig hinschauen, die positiven Dinge benennen - und aussprechen!

 

 Viele Grüße, Katja

 

Alle Fotos bis auf das zauberhafte Einhorn: Katja Ganski